Rauchstoppprogramm

Meditation stoppt Rauchverlangen.

40 Prozent Erfolgsquote – das sind Zahlen, die aufhorchen lassen. Ein tiefenpsychologisches Programm zur Raucherentwöhnung aus Graz ließ in einer kürzlich publizierten Studie die medikamentöse Entwöhnung weit hinter sich.

Rund 20 Prozent der deutschen Ärzte rauchen.1 Aus Österreich gibt es keine diesbezüglichen Zahlen. Nur der Innsbrucker Biologe David Bernhard hat in einer 2005 publizierten Studie herausgefunden, dass rund ein Drittel aller Medizinstudenten gerne zur Zigarette greift. Insgesamt rauchen in Österreich etwa 2,3 Millionen Menschen. Rund die Hälfte aller Raucher gibt an, mit dem Rauchen aufhören zu wollen. Allerdings schaffen es nur etwa drei bis fünf Prozent aller Raucher, ihr ungesundes Verhalten ohne jegliches Hilfsmittel aufzugeben.

Motivationszentrum motivieren
Die bisher höchste, in einer klinischen Studie gemessene Erfolgsquote für ein Rauchstoppprogramm war Ende vergangenen Jahres im Journal Addiction nachzulesen. 40 Prozent Erfolgsquote konnten mit einem Programm erzielt werden, das vor allem auf tiefenpsychologischen Erlebnisreisen beruht und von der Grazer Klinischen und Gesundheitspsychologin Dr. Ursula Grohs entwickelt wurde. „Wir arbeiten mit inneren Bildern, die motivationale Botenstoffe im Gehirn anregen”, erläutert Ursula Grohs im Gespräch mit der Österreichischen Ärztezeitung. Meditationen aktivieren das Motivationszentrum im medialen präfrontalen und im anterioren cingulaten Kortex – das ergab eine 2006 publizierte Studie.2 Genau das macht sich das Programm Braindesign zunutze.

Das Programm wird den abstinenzwilligen Rauchern innerhalb von eineinhalb Tagen vermittelt. Im besten Fall steht am Ende dieser 36 Stunden das Ausdämpfen der letzten Zigarette. Maximal 30 Personen können an einem solchen Rauchstopp-Seminar teilnehmen. Eine „Gruppentherapie” ist das Programm nicht: „Die Teilnehmer werden gebeten, nicht zu sprechen, sondern nur zu zuhören und an den geführten Meditationen teilzunehmen”, erläutert Ursula Grohs. „Es geht nicht darum, sich über Probleme und Konflikte auszutauschen.” Im Programm wechseln sich Informationen über das Rauchen, seine Wirkungen auf das Gehirn und seine Folgewirkungen mit geführten Meditationen ab, die mittels archaischer Bilder ein „Umlernen” erzeugen sollen, das den Griff zur Zigarette obsolet macht. Etwa alle 90 Minuten werden die Teilnehmer dazu ermuntert, eine Zigarette zu rauchen. Den Teilnehmern wird zu Beginn des Programms zudem mitgeteilt, dass sie untereinander weder über das Rauchen, noch über die geführten Meditationen sprechen sollen. Nach den Gründen befragt, gibt Ursula Grohs an: „Jeder Teilnehmer sieht andere Bilder, wenn er die geführten Trainingserlebnisse absolviert – ein Vergleich der Teilnehmer untereinander wäre kontraproduktiv.”

Am Ende des Seminars – und nach Absolvierung der Meditation „Freiheit” wird in einem gemeinsamen Ritual die „letzte” Zigarette geraucht und ausgedämpft. Laut Ursula Grohs sind die Teilnehmer danach „frei von ihrer Sucht.”

Meditationen wiederholen
Allerdings ist es mit diesen eineinhalb Tagen natürlich nicht getan. Wer dauerhaft abstinent bleiben will, sollte mindestens sechs Wochen lang die Meditationen zu Hause wiederholen. Das muss in einer ganz bestimmten Reihenfolge geschehen, um Entzugserscheinungen gar nicht erst entstehen zu lassen, wie Ursula Grohs erläutert: „Die Teilnehmer erlernen während des Seminars sechs verschiedene tiefenpsychologische Geschichten, die dabei helfen, den durch das Rauchen veränderten Stoffwechsel im Gehirn wieder zu normalisieren.” So sollen sich abstinenzwillige Raucher etwa vorstellen, sich als Kind wieder zu begegnen, ihren inneren Organen beim „Spielen” zu zu sehen oder sich in einer mütterlichen Umarmung wohl und geborgen zu fühlen. Diese sechs Meditationen sollen – unterstützt durch CDs, die die Teilnehmer nach Abschluss des Seminars erhalten – über mindestens sechs Wochen häufig wiederholt werden (siehe Kasten 1). Um die „Umprogrammierung” des Gehirns zusätzlich zu unterstützen, erhält jeder Teilnehmer ein Fläschchen mit Duftöl, an dem er immer dann schnuppern soll, wenn das Verlangen nach einer Zigarette auftaucht.

Auch wenn die tiefenpsychologischen Erlebnisreisen ein wenig esoterisch klingen, der Erfolg gibt der Entwicklerin des Programms, Ursula Grohs, recht. Und dieser Erfolg konnte mittlerweile sogar mit einer klinischen Studie bestätigt werden.

Hohe Erfolgsquote
Die Ende vergangenen Jahres im Journal Addiction publizierte Studie verglich das Psychodynamische Modelltraining mit einer Raucherentwöhnung mit Hilfe des Medikaments Bupropion.3 Die Studie wurde von der Abteilung für experimentelle Psychiatrie an der Medizinischen Universität Innsbruck unter der Leitung von Univ.-Prof. Gerald Zernig durchgeführt und schloss 779 abstinenzwillige erwachsene Raucher ein.

366 Teilnehmer absolvierten das Rauchstopp-Seminar Braindesign. 413 Probanden erhielten über neun Wochen Bupropion SR (sustained release). Der Erfolg der jeweiligen Methode wurde mit Hilfe der Kohlenmonoxidwerte in der Atemluft nach drei, sechs und zwölf Monaten gemessen. Nach einem Jahr waren 39,9 Prozent der Teilnehmer der Psychoedukations-Gruppe rauchfrei, in der Medikamentengruppe lag die Abstinenzrate nach einem Jahr bei 22,5 Prozent (Methodenvergleich siehe Kasten 2).

Neben der Unterstützung durch die geführten tiefenpsychologischen Erlebnisreisen werden die Teilnehmer mit Ernährungstipps unterstützt, um die gefürchtete Gewichtszunahme nach dem Rauchstopp zu verhindern. „In den ersten sechs Wochen nach dem Seminar sollen nur Nahrungsmittel mit einem niedrigen glykämischen Index zu sich genommen werden”, erläutert Ursula Grohs. Eine Liste mit den wichtigsten Lebensmitteln wird ebenfalls im Laufe des Seminars an die Teilnehmer ausgegeben.

Das Psychodynamische Modelltraining arbeitet nach der „Schlusspunktmethode”, auf der etwa auch das populäre Programm des im Vorjahr an Lungenkrebs verstorbenen Allan Carr „Endlich Nichtraucher” basiert. Damit soll, so Ursula Grohs, den Teilnehmern ihres Seminars noch einmal deutlich vor Augen geführt werden, was es heißt, mit dem Rauchen aufzuhören: „Ab dem Moment, in dem ich die letzte Zigarette ausdrücke, bin ich frei”, fasst die Psychologin zusammen. „Das Gehirn verfährt nach der Methode „Use it or loose it” – wenn ich aufhöre, ans Rauchen zu denken, werden mit der Zeit auch die Erinnerungen an diese Phase im Leben verschwinden.”

Kasten 1: Geführte Erlebnisreisen
1. Entschlossenheit – Aktivierung von Entschlossenheit und Eigenverantwortung
2. Gesunde Organe – Stimulierung natürlicher Organfunktionen
3. Entspannung – Unterstützung von Gelassenheit und Ruhe
4. Wert – Aktivierung von Selbstwert und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten
5. Geborgenheit – Beziehungsfähigkeit und Gemeinschaftsgefühl
6. Freiheit – Aktivierung von Klarheit und emotionaler Freiheit


Kasten 2:  Methodenvergleich (rauchfrei nach einem Jahr)

Methode Studie Ergebnis
Selbstentwöhnung Saß, Wittchen & Zaunig 1996 5 %
Ärztlicher Rat Lancaster & Stead 2004 6 %
Persönliche Beratung Lancaster & Stead 2000 6 %
Telefonische Beratung Lancaster & Stead 2001 6 %
Hypnotherapie Abbot et al 2000 6 %
Verhaltenstherapie Cottraux et al 1983 7,5 %
Nikotinpflaster Jorenby et al 1999 10 %
Bupropion Jorenby et al 1999 20 %
kognitiv-behaviorale Verhaltenstherapie plus Nikotinpflaster Hall, Munoz & Reus, 1994 23 %
Vareniclin Jorenby et al 2006 23 %
Psychodynamisches Modelltraining Zernig et al 2008 40 %

1 Angaben des Deutschen Institutes für Nikotinforschung
2 Yamamoto S et al. Medial profrontal cortext and anterior cingulate cortext in the generation of alpha activity induced by transcendental meditation: a magnetoencephalographic study. Acta Med Okayama. 2006 Feb,60(1):51-8
3 Zernig G et al. Eine randomisierte Studie über Kurzzeitpsychotherapie versus verzögert freigesetztem Bupropion zur Raucherentwöhnung. Addiction, 2008 103, 2024-2031

Informationen zum Programm unter www.Braindesign.at