Fischismus: Lügen in der Lugner-City

Auch Journalistinnen haben mal frei. Das ist schön, und die gewonnene  Zeit wird beispielsweise damit verbracht, den Kühlschrank aufzufüllen. Und weil der Supermarkt unseres Vertrauens gerade umbaut – und der einzige andere Supermarkt in der Nähe,  der glutenfreie Produkte führt, in der Lugner-City ist, machten mein Liebster und ich uns Samstag Mittag auf den Weg. Und erlebten einen Einkaufsbummel, der für einen Horrorfilm geeignet gewesen wäre.

Ein wunderschöner, sonniger Frühlingssamstag. Mein Liebster und ich begeben uns in die Lugner-City, um Lebensmittel einzukaufen. Die Lugner-City – unendliche Weiten, wir schreiben das Jahr 19xx. Was uns als erstes auffällt, sind massenhaft PolizistInnen, die im ganzen Einkaufszentrum ihre Runden drehen. Bevor wir uns in den Supermarkt aufmachen, frage ich eine Polizistin nach der massiven Präsenz. Und bekomme – freundlich – die Auskunft: Frau Rosenkranz kommt gleich zu einer Wahlkampfveranstaltung!

Frau Rosenkranz, das ist die Rechtspolitikerin, die allen Ernstes glaubt, dass sie das was sie in der Schule gelernt hat, von sämtlichen weiteren Denk- und Lernprozessen bezüglich der österreichischen Geschichte für alle Zeit befreit. Wir bekamen einen Schreck.

Was tun? Glutenfreie Lebensmittel müssen sein. Also: Nichts wie rein in den Supermarkt und so schnell wie möglich eingekauft. Allein, es gibt kein Entkommen. Schon nach wenigen Minuten hören wir die Stimme des Baumeisters, wie er die Kandidatin für das Amt des/der BundespräsidentIn ankündigt. Und einige Sekunden beginnt die Kandidatin, einem geneigten Publikum ihre originelle Sicht der Dinge auf  Österreichs Politik, AusländerInnen, Heimat, Werte, etc. mitzuteilen.

Sollten Sie am Samstag ebenfalls dagewesen sein und sich gewundert haben, wieso eine erwachsene Frau sich im Supermarkt die Ohren zuhält: Das war ich.

Endlich waren alle Lebensmittel bezahlt und eingepackt. Unseren Würgereiz mit einiger Mühe unterdrückend und extrem angewidert machten wir uns auf dem Weg zum Ausgang.

Vor der Tür zum Einkaufszentrum standen junge Menschen und verteilten Protestflugblätter und Zeitungen. Ich nahm mir ein Flugblatt, meinen Abscheu vor der Veranstaltung im Inneren des Einkaufszentrums kund tuend. Da erzählte mir die junge Aktivistin, die sich gegen die Kandidatin engagiert folgendes: Man hätte sie und ihre vollkommen gewaltlos protestierende Gruppe durch die Security des Einkaufszentrums vor die Tür setzen lassen.

Noch einmal ganz langsam und zum mitschreiben: Da sondert eine äußerst fragwürdige Präsidentschaftskandidatin in einem Wiener Einkaufszentrum vor – leider – sehr geneigtem Publikum – unglaubliche Meldungen ab – und ausgerechnet jene, die sich für ein Gesellschaftsmodell einsetzen, das keinen Platz für rechtes Gedankengut lässt, werden des Einkaufszentrums verwiesen?

Schämen Sie sich, Baumeister! Wenn unschuldige BürgerInnen schon mit derartig widerlichem Gedankengut, wie es die Bundespräsidentschaftskandidatin absondert, belästigt werden, sollte wenigstens eine Protestmöglichkeit vorhanden seien. Immerhin leben wir in einer Demokratie. Und für all jene, denen dieses Wort fremd geworden ist: Demokratie bedeutet: Herrschaft des Volkes!

Fazit: Wer sich nicht ungestraft von rechtem Gedankengut belästigen lassen will, darf in der Lugner-City nicht mehr einkaufen. So einfach ist das. Und es gilt: Wenigstens für den Liebsten und mich.