Fischismus: Vom Leben einer Journalistin

Heute besuchte ich eine Pressekonferenz. Nun, das ist nichts Besonderes, schließlich bin ich Journalistin. Medizinjournalistin um genau zu sein. Deshalb drehte sich die Pressekonferenz auch um ein Gesundheitsthema. Auch das ist jetzt keine bahnbrechende neue Erkenntnis. Was aber eine Gesundheitspressekonferenz mit der KPDSU (für alle glücklichen Spätgeborenen: die kommunistische Partei der Sowjetunion, die 1989 untergegangen ist) zu tun hat, das möchte ich Ihnen nachfolgend nicht vorenthalten.

Pressekonferenzen im Gesundheitsbereich können vieles sein: Informativ, wissenschaftlich fundiert, spannend, langweilig, vorhersehbar oder sogar manipulativ. Meist sind sie eine Mischung aus informativ und wissenschaftlich fundiert, mit einer Prise Langeweile und einem Körnchen Manipulation – speziell dann, wenn Pharmafirmen hinter der Finanzierung der Pressekonferenz stehen.

Die heute Pressekonferenz war so wie eben beschrieben. Alltag für MedizinjournalistInnen eben. Selbstverständlich, so der Veranstalter, eine PR-Firma aus Niederösterreich, seien die gebotenen Informationen informativ und fundiert. Soweit, so gut, so üblich.

Moderiert wurde die Pressekonferenz vom Leiter der PR-Firma. Ebenfalls keine unübliche Sache. Leider moderierte der gute Mann nicht, er polemisierte, was nun wirklich nicht die Aufgabe eines Moderators/einer Moderatorin einer Pressekonferenz darstellt. Hier kurz die Job-Description: Einleiten, mitteilen, worum es heute geht, wer sprechen wird und worüber, Zwischenmoderationen, also Überleitungen zwischen den einzelnen SprecherInnen, aufrufen der fragestellenden JournalistInnen, Verabschiedung.

Mag es in anderen Umfeldern üblich sein, sich als Moderator in den Vordergrund zu spielen, eine wissenschaftlich orientierte Pressekonferenz zum Thema Medizin ist hierfür kein geeigneter Rahmen.

Es kam also zu einer Zwischenmoderation, bei der sich der Moderator nicht zurückhalten konnte. Man sah es dem Mann förmlich an: Er würde platzen, wenn er seine höchstpersönlichen Ansichten (diesfalls zum österreichischen Gesundheitsminister) der geneigten Journalistenmeute nicht zu Gehör bringen dürfe. Und dann gings los: Unterste Schublade: Der Gesundheitsminister, der früher Eisenbieger gewesen wäre und sowieso das Gespräch verweigern würde… den Rest des Sermons erspare ich Ihnen.

Ich bin keine Sympathisantin des österreichischen Gesundheitsministers. Ich denke aber, in einer Pressekonferenz, in der JournalistInnen – und das völlig zurecht – wissenschaftlich fundierte, objektive Informationen erwarten, ist für derartige Polemik kein Platz, im Gegenteil, solches wirkt störend.

Ich meldete mich also, als der polemische Vortrag zu Ende war und teilte dem Moderator und der – unfreiwillig lauschen müssenden ZuhörerInnenschaft mit, dass ich eine solche Diktion in einem solchen Rahmen für unnötig und fehl am Platze halten würde.

“Zur Kenntnis genommen!”, wurde ich vom Moderator angebellt.

Es kam, wie es kommen musste: In der nächsten Zwischenmoderation konnte sich der arme Mann (es musste einfach hinaus – in der Fachsprache heißt das glaube ich Logorrhoe) wieder nicht zurückhalten: “Ich werde weiterhin pointiert formulieren” deklamierte er: “Wir sind ja hier nicht in der KPDSU!”

Da musste ich lachen – und dann nachdenken: Denn was die Forderung nach fundierter, objektiver Information und das Unterlassen polemischer Untergriffe Personen gegenüber, die gar nicht anwesend waren, mit einer Zeit der Repression, der Kontrolle und der bewussten Irreführung einer ganzen Bevölkerung zu tun hat, wollte mir einfach nicht einfallen.

Aber vielleicht können Sie mir das erklären – Reaktionen via Mail sind ausdrücklich erwünscht!