Antibiotika unverzichtbar in der Therapie – Händedesinfektion unverzichtbar in der Prävention!

 Egal ob MSRA oder andere nosokomiale Erreger: Für alle gilt, nur eine ausreichende Hygiene kann die Verbreitung gefährlicher Keime stoppen. Trotz einer Reihe von „neuen” Antibiotika sind resistente Keime – sowohl im Krankenhaus als auch im extramuralen Bereich – weiter auf dem Vormarsch.

abs-09-abbildungen-050209 19.000 Menschen sterben in den USA jedes Jahr an Infektionen mit MRSA. Das sind mehr, als etwa an einer HIV-Infektion versterben. In Österreich tritt der methicillin (oder auch multi) resistente Staphylococcus aureus in Krankenhäusern in 9,2 Prozent aller S. aureus Blutkulturen auf (EARSS 2007). Noch 2003 lag dieser Prozentsatz bei 15,3 – somit konnte dieser Trend erfreulicherweise umgekehrt werden. Stark reduziert werden konnte das Auftreten von MRSA in den vergangenen Jahren in der Steiermark, dem Burgenland, Nieder- und Oberösterreich sowie in Wien, steigende Zahlen werden aus Salzburg und Tirol gemeldet. „Die gute Nachricht ist: „Österreich liegt mit den MRSA-Resistenzen weiterhin unter zehn Prozent”, berichtete Oberärztin Dr. Agnes Wechsler-Fördös, Hygieneärztin am Krankenhaus Rudolfstiftung in Wien.

Neue Gefahr
Im Rahmen des ABS-Symposiums 2009 (siehe Kasten) berichtete die Hygieneärztin allerdings über eine beunruhigende Entwicklung, die Ausbreitung von MRSA im extramuralen Bereich: „Während der nosokomiale MRSA vor allem ältere multimorbide Patienten betrifft, sehen wir beim Community-acquired MRSA (CA-MRSA) vor allem gesunde Menschen, die von diesem Erreger befallen werden”, so Wechsler-Fördös. Im Gegensatz zum nosokomialen MRSA, weisen die CA-MRSA allerdings keine Multiresistenzen auf, sie sind meist „nur” gegen Betalaktame resistent. Die Ansteckungsgefahr mit CA-MRSA ist extrem hoch, schon Haushaltskontakte reichen für eine Infektion aus (siehe Abbildung 1).

In Österreich wurden zwischen 1996 und 2006 1.439 MRSA-Stämme aus fünf Bundesländern auf das PVL-Toxin (Panton-Valentine-Leukocidin) getestet. Davon waren 9,52% PVL positiv. Bei sinkender Gesamtzahl von MRSA stieg jedoch in Graz der Anteil von CA-MRSA-Stämmen zwischen 2002 und 2006 von drei auf 29,0 Prozent. Werden die Keime bei einem Patienten entdeckt, ist allerdings nicht immer eine antibiotische Therapie notwendig. So kann bei immunkompetenten Personen mit Abszessen nach einer chirurgischen Sanierung meist auf eine Antibiotikatherapie verzichtet werden. Bei komplizierten Abszessen, einer raschen Progression oder wenn bereits eine schwere lokale Erkrankung vorliegt, sowie bei Komorbiditäten, einer inkompletten Drainage, bei sehr jungen oder sehr alten Patienten sowie wenn die Inzision und Drainage erfolglos blieben, müssen zusätzlich orale Antibiotika gegeben werden. Zum Einsatz kommen können: Clindamycin oder Trimethoprim/Sulfamethoxazole (TMP/SMX) plus Cefalexin oder Rifampicin. Weitere Möglichkeiten der oralen Therapie sind Doxycyclin oder Minocyclin (außer bei Kindern) sowie Linezolid. „Die Therapiedauer beträgt rund sieben Tage”, so Wechsler-Fördös, die abschließend auf die Wichtigkeit von Hygienemaßnahmen, Screening und eine Dekolonisation bei Häufung schwerer Infektionen im extramuralen Bereich hinwies.

„Born to kill”
Über einen Erreger, der besonders widerstandsfähig und mit einer Sterblichkeitsrate von 28 bis 32 Prozent auch besonders gefährlich ist, sprach der Infektionsspezialist Univ.-Prof. Christoph Wenisch, Vorstand der 4. Med. Abteilung mit Infektions- und Tropenmedizin im SMZ-Süd, Kaiser Franz Josef Spital in seinem Vortrag. „Acinetobacter-Infektionen treten vermehrt nach Naturkatastrophen und in Kriegen auf”, berichtete Wenisch. Der Erreger bevorzugt heißes und feuchtes Klima, tritt seit zwei Jahrzehnten jedoch auch in kälteren Regionen auf. „Dabei handelt es sich meist um Infektionen, die mit Gesundheitspflege assoziiert sind”, so Wenisch. Acinetobacter überlebt wochenlange Trockenzeiten, verfügt über eine Reihe von Resistenzmechanismen, wie etwa Effluxpumpen. Zudem ist der Erreger panresistent gegen Antibiotika, einzig wirksam ist Colistin.

Gefährlich ist Acinetobacter vor allem für schwer kranke hospitalisierte Patienten, die beatmet und katheterisiert sind. Um die Etablierung von Acetinobacter als „Stationskeim” zu verhindern, ist ein frühzeitiges Erkennen der Infektionsquelle erforderlich. Eine Isolierung der betroffenen Station hat sich dagegen als wenig wirksam erwiesen. So zeigten sich an kontrollierten Kohortenstationen bei isolierten Patienten mehr vermeidbare Komplikationen. „Die Eliminierung von Acetinobacter bedarf einer aktiven Überwachung und Kontaktisolierung und – vor allem – einer guten Händedesinfektion”, hielt Wenisch in seinem Vortrag abschließend fest.

Dogmen in Frage stellen
Neue Betalactame stellte Univ.-Prof. Heinz Burgmann von der Universitätsklinik für Innere Medizin I am AKH Wien vor, der damit mit einem Dogma brach: „Bisher sagten wir, dass Betalactame gegen MRSA nicht wirksam seien”, hielt Burgmann in seinem Vortrag fest. „Jetzt wurde allerdings ein neues Betalactam zugelassen, das gute Daten für MRSA aufweist.” Die Ergebnisse einer Phase-III-Studie mit Ceftobiprol gegen Haut- und Weichteilinfektionen kam zum Ergebnis, dass das neue Bectalactam genauso wirksam ist wie Vancomycin.2 Dies gilt auch für MRSA-Infektionen. Das Medikament weist eine Halbwertszeit von drei Stunden auf und wird hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden. Ceftobiprol wurde im November 2008 von der europäischen Arzneimittelbehörde EMEA zur Behandlung von Haut- und Weichteilinfektionen zugelassen. Ein neues Breitbandantibiotikum sieht Burgmann allerdings auch in der neuen Substanz nicht.

Neue Waffen gegen einen gefährlichen Feind stellte schließlich OA Dr. Oskar Janata, Hygienefacharzt am SMZ-Ost Donauspital Wien in Vertretung des erkrankten Univ.-Prof. Richard Krause von der Universitätsklinik für Innere Medizin an der Medizinischen Universität Graz vor: Pilzinfektionen weisen die höchste Sterblichkeitsrate unter den nosokomialen Infektionen auf. Sie liegen weit vor Infektionen mit MRSA und ESBL (Extended-Spectrum-Beta-Lactamase) auf (siehe Abbildung 2). Lange Zeit stand ausschließlich Amphotericin zur Behandlung nosokomialer Candida-Infektionen zur Verfügung. Mit Fluconazol wurde die Behandlung für den Patienten erträglicher. Erst in den letzten Jahren wurde eine Reihe neuer, gut wirksamer Antimykotika auf den Markt gebracht, die akzeptable Behandlungserfolge ermöglichten. „Seit 2008 ist Anidulafungin auf dem Markt” berichtete Janata. Dieses Antimykotikum ist zellwandaktiv und für die Indikation der invasivem Candidasis zugelassen. Bezüglich der Wirksamkeit stellte Janata die Frage in den Raum, wie bereits zugelassene und neue Antimykotika überhaupt verglichen werden könnten, da es für die „alten” Substanzen niemals Zulassungsstudien gegeben habe. Weitere Studien sollen vor allem zeigen, ob Anidulafungin auch im pädiatrischen Bereich eingesetzt werden kann.

Eine weitere neue Substanz stellt Posaconazol dar. Diese Substanz ist wirksam egen Aspergillus, Fusarium, Coccidioides, Cryptococcus, Histoplasma und Zygomyceten. „Posaconazol gilt als Zweitlinientherapie bei Aspergillose, Fusariose, Chromoblastomykose und Kokzidioidomykose”, so Janata. Es kann zudem zur Prophylaxe der febrilen Neutropenie bei Chemotherapie sowie bei immunsupprimierten Patienten nach Transplantation zum Einsatz kommen.

Fazit des Symposiums: In Österreich hat sich die Resistenzsituation gegenüber Antibiotika in den letzten Jahren leicht gebessert. Was nosokomiale Infektionen betrifft, ist die Alpenrepublik allerdings keine Insel der Seligen, was den Infektionsspezialisten Christoph Wenisch demzufolge auch zum – leicht frustrierten – Aufruf veranlasste: „Vergesst die Händedesinfektion nicht.”

1 Grisold J. Emergence of Community associated Methicillin resistant Staphylococcus aureus (cMRSA) in Southeast Austria. J Infection 2009
2 Noel et al. Ceftobiprol: Phase III-Studie. AAC 2008

Kasten: ABS-Symposium 2009
Antibiotic Stewardship wurde im Jahr 1998 von österreichischen Infektionsspezialisten ins Leben gerufen, um den Umgang mit Antibiotika in Krankenhäusern zu optimieren. Mittlerweile hat sich das Projekt internationalisiert, in neun EU-Ländern läuft, gemeinsam mit der österreichischen ABS-Plattform ein Projekt zur Implementierung von Antibiotikastrategien für den angemessenen Nutzen von Antibiotika in Krankenhäusern der Mitgliedsländer der EU. Jedes Jahr veranstaltet die ABS-Plattform Österreich ein eintägiges Symposium, um über die Resistenzsituation in Österreich und neue Therapiestrategien zu informieren. Weitere Informationen unter http://www.abs-group.at/