Geringe Akzeptanz Epilepsiekranker

20 Prozent der ÖsterreicherInnen glauben, dass Epilepsie eine Geisteskrankheit ist
Einer Umfrage zufolge möchten rund 15 Prozent der ÖsterreicherInnen nicht, dass ihr Kind einen Menschen heiratet, der an Epilepsie leidet. Dabei ist diese Erkrankung des Zentralnervensystems heute in bis zu 70 Prozent aller Fälle so gut behandelbar, dass die Erkrankten anfallsfrei sind und bleiben.

Univ.-Prof. Dr. Christoph Baumgartner

Univ.-Prof. Dr. Christoph Baumgartner

Rund 65.000 Menschen in Österreich leiden an Epilepsie, einer Erkrankung, bei der die Übermittlung der Neurotransmittersignale im Gehirn gestört ist, was mehr oder weniger regelmäßig zu Anfällen führen kann: „Kennzeichen der Epilepsie sind wiederholt auftretende, unkontrollierte und anfallsartige elektrische Entladungen in größeren Bereichen des Gehirns mit einer vorübergehenden krankhaften Steigerung der Gehirnfunktion”, erklärt Prof. Dr Gerhard Bauer, Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck anlässlich einer Pressekonferenz der Österreichischen Sektion der Internationalen Liga gegen Epilepsie im März 2003 in Wien.

Die Erkrankung ist heute mittels Medikamenten, Gehirnchirurgie und Vagusnerv-Stimulatoren sehr gut behandelbar, häufig sogar heilbar: „Zwischen 50 und 60 Prozent aller Erkrankten werden unter medikamentöser Therapie anfallsfrei und bleiben dies auch, wenn sie ihre Medikamente absetzen”, sagt Prof. Dr. Christoph Baumgartner von der Univ.-Klinik für Neurologie am AKH-Wien.
Bei rund einem Drittel der Patienten wirken Medikamente allerdings nicht. Für diese Patienten besteht die Möglichkeit der Epilepsiechirurgie. Sogar therapierefraktären Patienten, bei denen die Gehirnchirurgie nicht eingesetzt werden kann, kann heute mit Vagusnerv-Stimulation geholfen werden. Dabei wird, über einen unterhalb des Schlüsselbeins eingesetzten Schrittmacher der zehnte Hirnnerv stimuliert und Anfälle damit unterdrückt..

Aufklärung dringend gefordert
Trotz guter Behandlungsmöglichkeiten halten sich in der Bevölkerung Vorurteile. So ergab eine Studie des TNS Emnid, die im Auftrag der Österreichischen Sektion der Internationalen Liga gegen Epilepsie durchgeführt wurde, dass 17 Prozent der ÖsterreicherInnen immer noch glauben, Epilepsie sei eine Geisteskrankheit. Etwa 15 Prozent der befragten Personen lehnen es ab, dass ihr Kind einen Anfallskranken heiratet. „Als Konsequenz müssen wir die Aufklärung im Sinne der Betroffenen vorantreiben”, sagt Prof. Dr. Bruno Mamoli von der 2. neurologischen Abteilung des NKH Rosenhügel in Wien. „Wir wissen heute, dass Epilepsie zwar genetisch bedingt sein kann, aber nur in etwa zwei bis drei Prozent aller Fälle vererbt wird”, sagt Mamoli.

Normale Entwicklung
Wenn Kinder von Epilepsie betroffen sind, dann tritt die Erkrankung häufig innerhalb des ersten Lebensjahres auf. Die Intelligenz der Kinder ist dabei nicht eingeschränkt. Trotzdem werden erkrankte Kinder oft in eine Sonderschule geschickt. Prof. Martha Feucht von der Univ.-Klinik für Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters am AKH-Wien: „Das führt zur Unterforderung von Kindern, die besser in Integrationsklassen unterrichtet werden sollten.”
Für einen vorurteilslosen Zugang und gegen soziales Stigma setzt sich die Internationale Liga gegen Epilepsie ein. „Vorurteile und nicht die Krankheit selbst führen häufig zu einer Ausgrenzung von Anfallspatienten. Damit sollte im 21. Jahrhundert Schluss sein”, sagt Mamoli abschließend.