Dreckschwein!

Ein Sonntag. Eine Frau. Ein Mann. Ein Hund. Der Hund ist klein – ein Beagle. Die Sonne scheint. Der Hund bedarf des Auslaufs. Der Heldenplatz ist das Ziel. Das Justizministerium liegt auf dem Weg. Frau und Mann plaudern. Hund läuft fröhlich nebenher.

Frau und Mann sind „brave” Hundebesitzer. Achten darauf, dass der Hund nur an Hydranten und Pfosten, aber auf keinen Fall an Autos, Hausmauern und Geschäftseingänge pinkelt. Räumen jedwedes Futzerl Exkrement in dafür mitgeführte kleine schwarze Plastiksackerl. Entsorgen diese in dafür vorgesehene Behälter. Ziehen Hund weg, wenn dieser unbotmäßig an Wände pinkeln will. Nehmen Unmut von Hund und ständige Unterbrechung der Unterhaltung deshalb in Kauf.

Hund ist gerissen: Frau und Mann sind in Unterhaltung vertieft. Hund läuft brav und unauffällig nebenher. Mäuerchen, dass das Justizministerium umgibt, riecht für Hund besonders lecker. Hund schaut sich um, Frau und Mann reden noch immer. Hund hebt Bein und lässt ein paar Tropfen an Mäuerchen ab.

Frau bemerkt das Malheur und zieht Hund weg. Malheur ist aber schon geschehen. Nichts mehr zu machen. Frau, Mann und Hund gehen weiter. Plötzlich von hinten: „Dreckschweine!” Frau und Mann bleiben stehen. Drehen sich um. Erzürnter Mann auf Fahrrad bremst sich vor Frau, Mann und Hund ein und schreit nochmals „Dreckschweine!”

Frau und Mann sind konsterniert. „Muss Ihr Hund dort hinpinkeln?” Muss er nicht. Definitiv nicht. Hat er aber. Drei Tropfen.

Frau wird zornig. Verbittet sich Beschimpfung. Wütender Mann steigt von Fahrrad und blockiert Frau und Mann und Hund (dem die ganze Aktion wurscht ist). Wütender Mann mit Fahrrad ergeht sich in Tiraden über bösartige Hundebesitzer, diese Schweine, die die ganze Stadt als Hundewiese benützen: „Die Mauer ist frisch gestrichen!” Mann mit Fahrrad schimpft weiter. Frau und Mann nehmen Hund und gehen. „Dreckschweine!” schreit wütender Mann mit Fahrrad hinterher.

Mann beruhigt zornige Frau. Frau und Mann und Hund gehen weiter. Hund zieht an der Leine und will zum Hundeplatz. Frau und Mann stellen fest, dass einen Hund zu besitzen, ein gewisses Maß an Masochismus notwendig macht. Selbst dann, wenn versucht wird. andere Menschen weder durch Hundepipi noch durch kleine, eklig riechende Haufen zu inkommodieren.

Geschimpft und gepöbelt wird trotzdem. Frau, Mann und Hund betreten Hundezone am Heldenplatz. Die ist an diesem Tag leider nicht benutzbar: Wien-Marathon hat Heldenplatz mit Zelten zugepflastert. Nach Entfernung der Zelte: Rückstände von Lebensmitteln, Glasscherben, Bechern, Verbandszeug. Hund ist sauer.

Frau, Mann und Hund gehen nach Hause. Ein schöner Sonntag Nachmittag. Die Sonne scheint… Und die persönliche Ereigniswelt ist um eine Erfahrung reicher: Auch wer sich bemüht, wird letzten Endes zur Socke gemacht. Freundlich fragen? Miteinander reden? Blödsinn: Gleich losplärren ist besser. Baut ja auch Aggressionen ab. Und: Am besten alles verbieten! Hunde gleich ganz. Dann ist wenigstens Ruhe in der Stadt!