Rabatte für Medikamente

Deutsche Apotheker nutzen Gesetzeslücke aus.

Es war ein Sturm im Wasserglas: Das deutsche Boulevardmagazin Stern berichtet in seiner aktuellen Ausgabe von einer „Tarnfirma”, die via Österreich Rabatte für Medikamente lukriert.

„Die Global Apo ist keine Tarnfirma”, hält der Geschäftsführer von Global Apo, Dr. Werner Gajewski im telefonischen Interview mit der Österreichischen Ärztezeitung fest. „Wir sind wegen des wunderbaren Genossenschaftsrechts in Österreich. Dieses erlaubt uns nämlich, umsatzabhängige Dividenden an unsere Mitglieder auszuschütten, eine Möglichkeit, die wir in Deutschland nicht haben.”

Die Global Apo ist ein Zusammenschluss deutscher Apotheker, der in Österreich, eigenen Angaben zufolge, eine Einkaufsgemeinschaft betreibt. Laut Firmenbuch ist die Global Apo ein Schwesterunternehmen des Pharmagroßhändlers Herba Chemosan. Als Firmenzweck wird der Pharmagroßhandel, beschränkt auf den Bürobetrieb, angegeben. Was das bedeutet, erläutert Werner Gajewski: „Wir erwerben für unsere Mitglieder Arzneimittel, haben aber kein Lager.” Es wird also der Verkauf von Arzneimitteln vermittelt.

Großhändler unter Druck
Den Grund für Gründung der Einkaufsgenossenschaft deutscher Apotheker in Österreich charakterisiert Gajewski so: „Deutsche Apotheker haben keine Gebietsschutz, sie müssen unternehmerisch denken.” Zusätzliche Einnahmen über Geldrabatte sind demnach hochwillkommen. In Deutschland ist die Rabattgewährung (Geld- und Naturalrabatte) allerdings seit 2003 (Geld) bzw. 2007 (Natural) verboten. Was möglich ist, und das nützen die die deutschen Apotheker mit der österreichischen Niederlassung aus, ist die Lukrierung der Großhandelsspanne. Werner Gajewski: „Als Genossenschaft können große Mengen an Arzneimitteln bestellen. Dies ermöglicht es uns, von den Großhändlern die Großhandelsspanne als Rabatt zu lukrieren. Und dies ist in Deutschland erlaubt.” 5,66 Prozent beträgt die Großhandelsspanne vom Preis eines Arzneimittels.

Verstoß gegen deutsches Recht?
Das österreichische Arzneimittelrecht ist – wieder laut Werner Gajewski – von der deutschen Genossenschaft mit Niederlassung in Österreich nicht tangiert. „Wir haben mit Rabatten gar nichts zu tun”, hält Gajewski im Interview mit der ÖÄZ fest. „Neben der bereits erwähnten Großhandelsspanne lukrieren wir Einnahmen aus Dienstleistungen für Pharmaunternehmen.” Dafür kassiert die Global Apo sogenannten „Rückvergütungen, und die werden dann genossenschaftlich aufgeteilt. Ob diese Rückvergütungen allerdings gegen deutsches Recht verstoßen, ist unklar: „Bei einer ersten Betrachtung kann ich eigentlich keine Rechtswidrigkeit erkennen”, sagt Mag. Rainer Prinz, Jurist der Österreichischen Apothekerkammer. Mag. Karin Rösel-Schmid, Juristin der Österreichischen Ärztekammer, ergänzt: „Tatsache ist, dass die Rabattgewährung in Deutschland nicht zulässig ist.” Hier könnte eine Umgehung deutscher Bestimmungen vorliegen. „Wie dies rechtlich zu beurteilen ist, richtet sich nach der deutschem Gesetzeslage”, so Rösel-Schmid.

Marketingstrategien
Im deutschen Boulevardmagazin „Stern” sorgte vergangene Woche ein Artikel über die Global Apo für Aufsehen. Betitelt mit „Kick-Back”-Zahlungen für Apotheker” wurde behauptet, dass der Zusammenschluss deutscher Apotheker massive Rückvergütungen von Arzneimittelfirmen gegen Leistungen wie „Marktanalysen oder die Entwicklung von Marketingstrategien” erhalten habe. „Wir hatten derartige Verträge mit Pharmafirmen, diese gibt es aber schon lange nicht mehr”, hält Global Apo-Chef Werner Gajewski dagegen. „Wir erhalten die Großhandelsspanne für den Einkauf von Arzneimitteln für unsere Genossen”, fasst Gajewski zusammen: „Und wir refinanzieren uns über Dienstleistungen, die wir für Pharmaunternehmen erbringen.”

Ob das Engagement der deutschen Apotheker in Österreich nach deutschem Recht folgenlos bleiben wird, bleibt abzuwarten. Global Apo-Chef Gajewski will die Tätigkeit seiner Einkaufsgenossenschaft jedenfalls weiter ausbauen und streckt seine Fühler bereits in andere europäische Länder aus.

Der Stern-Artikel kurz zusammengefasst:
Unter dem Titel „Kick Back-Zahlungen für deutsche Apotheker” schreibt der Journalist Markus Grill, dass deutsche Apotheker in Österreich eine „Tarnfirma” gegründet hätten, die offiziell Dienstleistungen für Pharmaunternehmen erbringe, in Wirklichkeit allerdings Rückvergütungen erhalte, die sich an der Höhe des Mehrumsatzes von verschreibungspflichtigen Präparaten der Pharmafirmen bemessen – soweit der Stern-Bericht. Die deutsche Apothekergenossenschaft mit Sitz in Österreich ist eine Tochter des Pharmagroßhändlers Chemosan, die wiederum eine Tochter der Gehe/Celesio ist.

Der Stern-Artikel im Wortlaut:
http://www.stern.de/blog/42_markus_grill/archive/1939_kick-back-zahlungen_fuer_apotheker.html