Gewichtsreduktion

Geringer Aufwand – hoher präventiver Effekt

Nicht nur zur Gewichtsreduktion, auch zur Prävention von Erkrankungen tragen ein ausgewogenes Bewegungsprogramm und eine gesunde Ernährung bei. Dabei gilt: Nur in Kombination werden optimale Effekte erzielt.

„Etwa ein Drittel aller vorzeitigen Todesfälle ist durch körperliche Inaktivität verursacht”, hält der Leiter des Zentrums für Sportwissenschaft und Universitätssport der Universität Wien, Univ.-Prof. Norbert Bachl im Gespräch mit der Österreichischen Ärztezeitung fest. „Ein ausgewogenes Bewegungsprogramm hilft nicht nur bei der Gewichtsabnahme, sondern beugt einer großen Anzahl von Erkrankungen vor.” Dazu gehört die Gesamtheit der degenerativen Herz-Kreislauferkrankungen ebenso wie der Komplex der Stoffwechselerkrankungen insbesonders Diabetes mellitus II sowie das metabolische Syndrom. Bewegung kann auch zur Vorbeugung von Tumorerkrankungen, wie Mamma- und Kolonkarzinom, Erkrankungen des Bewegungsapparates und psychischen Erkrankungen, wie etwa depressiver Stimmungslage wesentlich beitragen.

Problem Motivation
Allein, die Österreicherinnen und Österreicher sind Couch-Potatoes. Die Motivation zur Lebensstilmodifikation aufgrund von Übergewicht, Hypertonie und Hyperlipidämie, stellt Österreichs Allgemeinmediziner regelmäßig vor große Hürden, ganz nach dem Motto: Wie bringe ich es meinen Patienten bei? Norbert Bachl plädiert für den Einsatz von Bewegung analog der Verordnung eines Medikaments: „Ein Bewegungsprogramm muss indiziert und dosiert sein, und es muss kontrolliert werden”, sagt der Sportmediziner. „Einem massiv übergewichtigen Patienten zum täglichen 30minütigen Jogging zu verdonnern, ist dabei oft von vornherein zum Scheitern verurteilt”, formuliert Bachl pointiert. Am Beginn eines wirksamen Bewegungsprogramms muss eine Anamnese, gefolgt von einer klinischen Untersuchung stehen. Adipösen Patienten sollte anfangs eine Sportart empfohlen, bei der das Körpergewicht nicht getragen werden muss, wie etwa Schwimmen oder Radfahren. „Intervalltraining ist zudem eine gute Möglichkeit, einen Patienten langfristig bei der Stange zu halten”, so Bachl. Dabei wird dem Betroffenen zum Beispiel empfohlen anfangs jeweils zwei Minuten langsam zu laufen, dann eine Minute zu gehen und dieses Programm fünf- bis zehnmal zu wiederholen. „Die richtige Bewegungsdosierung ist eine wichtige und gute Motivation”, zeigt sich Norbert Bachl überzeugt.

Fast alle chronischen Erkrankungen können mit einem ausgewogenen Bewegungsprogramm verbessert werden – „allerdings spielt die richtige Dosierung dabei eine wesentliche Rolle”, hält Bachl fest. Die Grundlage eines wirksamen Bewegungsprogramms, das auch zur Gewichtsreduktion beiträgt, ist ein Mix aus Ausdauer-, Kraft- und Beweglichkeitstraining. Die Grundlage bildet das Ausdauertraining, weil dieses auf das Herz-Kreislauf-System, das vegetative Nervensystem, das Immunsystem, die Atmung und den Stoffwechsel auch zur Fettreduktion wirkt. Ergänzt wird dieses Training sinnvollerweise durch ein Krafttraining, das zum Aufbau der Muskulatur sowie zur Verbesserung der Knochendichte beiträgt. Spielsportarten, wie Tennis oder Tennis schließlich verbessern die Koordination, die Beweglichkeit und die Kognition.

Achtung auf die Qualität
Um dauerhaft an Gewicht zu verlieren, sollte das ausgewogene, vom Arzt verordnete Bewegungsprogramm, mit einer Ernährungsumstellung ergänzt werden. Denn mit Hilfe von Bewegung allein Gewicht zu verlieren, erfordert ein hohes Maß an Bewegung – mit einer Stunde täglich ist es da sicherlich nicht getan. Die Umstellung von einer fett-, salz- und zuckerreichen Ernährung auf eine gesunde Ernährung mit viel Obst und Gemüse, wenig Fett und rotem Fleisch und Salzreduktion unterstützt den Organismus bei der Gewichtsreduktion: „Es geht nicht nur darum, Kalorien zu reduzieren, man muss auch auf die Qualität der Ernährung achten”, sagt die Sozialmedizinerin Univ.-Prof. Anita Rieder vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien im Telefoninterview mit der Österreichischen Ärztezeitung.

Das bedeutet die Vermeidung von gesättigten Fettsäuren, die Verringerung des Salzkonsums und die Zufuhr komplexer Kohlenhydrate: „Die Faustregel „Fünf Mal pro Tag Obst und Gemüse” führt uns das plastisch vor Augen”, erläutert Rieder. Wer gerne einen vollen Teller hat, dem sei das nachfolgende Beispiel empfohlen: „Die Hälfte des Tellers mit Gemüse füllen, dazu ein Viertel eiweißreiche Lebensmittel, wie Fisch oder mageres Fleisch, und ein Viertel des Tellers wird mit Nudeln, Reis oder Kartoffeln gefüllt”, zeigt Anita Rieder vor. Kleine Teller und das Beenden der Nahrungsaufnahme kurz bevor sich ein Sättigungsgefühl einstellt, tragen zusätzlich zur bewussten Ernährung bei. Rund 500 kcal sollten täglich eingespart werden, um langfristig einen Gewichtsverlust zu erreichen.

Drei- bis fünfmal wöchentlich
Drei- bis fünfmal in der Woche 30 bis 45 Minuten bewegen ist der Richtwert, wenn – neben einer gesunden Ernährung – auch ein Bewegungsprogramm zum Verlust unerwünschter Pfunde absolviert wird. Dazu zählt der flotte Spaziergang ebenso wie das Gymnastikprogramm oder das Steigen von Steigen anstelle der Fahrt mit Lift oder Rolltreppe. Sportmediziner Bachl stellt eine einfache Rechnung auf, wie die Gewichtsabnahme schon mit einer nur geringen Kalorienzufuhr und einem moderaten Bewegungsprogramm erfolgreich sein kann: „Wer täglich um 250 kcal weniger isst und mit Hilfe von Bewegung 250 kcal verbrennt, verliert pro Woche ungefähr ein halbes Kilogramm.” 250 kcal verbrennt etwa, wer 40 Minuten schnell geht oder eine Stunde Tennis spielt.

Es ist nie zu spät
Für einen gesunden Lebensstil, der eine ausgewogene Ernährung und Bewegung in den Alltag integriert, ist es übrigens nie zu spät. Das zeigen die Ergebnisse einer Harvard-Studie, bei der eine Gruppe von älteren Männern mit einem mittleren Ausgangsalter von 65,4 Jahren über 12 Jahre beobachtet wurden: „Die Studienautoren haben bei ihren Probanden über zwölf Jahre einen mittleren Kraftverlust von 25 Prozent diagnostiziert”, berichtet Bachl: „Dann absolvierten die Probanden über zwölf Wochen ein zweimal wöchentliches Krafttraining.” Das Ergebnis: Nach dieser Zeit war eine Zunahme der Kraft um 16 Prozent messbar. „Innerhalb von zwölf Wochen konnte der über zwölf Jahre aufgetretene Kraftverlust um zwei Drittel kompensiert werden”, resümiert Bachl. „Das sind Zahlen, die einem zu denken geben sollten.”

Sesso HD, Paffenberger RS Jr, Lee IM. Physical activity and coronary heart disease in men. The Harvard Alumni Health Study. Circulation. 2000 Aug 20;102(9):975-80