Fiebersenkung: Positiv oder negativ?

„Gebt mir die Macht Fieber zu erzeugen, und ich heile jede Krankheit”…

… sagte der griechische Philosoph Parmenides (540-480 AD). Und es scheint, als hätte diese Aussage auch heute noch Gültigkeit. Warum das so ist, erläuterterte Prim. Univ.-Doz. Dr. Christoph Wenisch im Rahmen der Antibiotikatagung 2008 im Jänner in Wien.

„Was ist Fieber?” fragte der Leiter der 4. Medizinischen Abteilung mit Infektions- und Tropenmedizin am Kaiser Franz Josef Spital in Wien, eingangs seines Vortrags. „Eine komplexe physiologische Reaktion auf ein eine Erkrankung, die einen Zytokin-mediierten Anstieg der Kerntemperatur, eine Freisetzung von Akut-Phase Proteinen und die Aktivierung verschiedener physiologischer Systeme nach sich zieht”, lautete seine Antwort. Seit Jahren wogt die Diskussion, ob Fieber, etwa bei intensivpflichtigen PatientInnen gesenkt werden soll oder nicht – und wenn ja, auf welche Weise diese Fiebersenkung geschehen soll. Eindeutig beantwortbar ist die Frage, so Wenisch, auch heute noch nicht. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass eine Fiebersenkung in vielen Fällen sogar kontraproduktiv sein kann.

Fieber ist positiv
Denn Fieber hat durchaus auch positive Wirkungen auf den erkrankten Organismus – das erkannte schließlich sogar schon der eingangs zitierte Parmenides. So induziert die gestiegene Körpertemperatur die Heat Shock Resonse. „Der Organismus produziert dabei auf zellulärer Ebene das heat-shock-protein”, erläuterte Wenisch. „Dieses HSP wurde 1962 erstmals beschrieben und verleiht dem fiebernden Organismus eine Abwehrkraft”, so Wenisch weiter. HSP hemmt den nuklären Faktor ?B, was die proinflammatorische Cytokinproduktion verringert. Zudem intensiviert Fieber die Immunantwort und wirkt bakteriostatisch. Dabei wird die Funktion weisser Blutzellen verbessert bzw. der Stoffwechsel der Bakterien negativ beeinflusst (d.h. Fieber wirkt wie ein natürlich Antibiotikum).

Fieber ist negativ
„Wer fiebert verliert 300 bis 500 ml Flüssigkeit pro Grad pro Tag durch perspiratio insensibilis und da sich die Atemarbeit erhöht”, hielt Wenisch die negativen Auswirkungen des Anstiegs der Körpertemperatur fest. „Das belastet Herz und Lunge.” Zudem konnte festgestellt werden, dass Fieber – durch die Veränderungen der Blut-Hirn-Schranken-Durchlässigkeit zu einem vasogenen Hirnödem führen kann (siehe Kasten). „Fieber unter 41 Grad, bei ausreichender Sauerstoff- und Energieversorgung, führt allerdings nicht zu pathologisch relevanten neurochemischen Veränderungen”, erläuterte Wenisch.

Sinnvolle Fiebersenkung?
Zwei Ansätze existieren zur Fiebersenkung, die physikalische Kühlung oder die medikamentöse Fiebersenkung. Die letztere Methode, die mittels forcierter Luftzirkulation, Kühlmatten oder endovaskulärem Wärmeaustauschkatheter funktioniert, hat als eine Voraussetzung die Sedierung und Relaxierung des Patienten. Am wachen Patienten scheitert diese Methode, da eine periphere Kühlung vom Organismus mit einer vermehrten Wärmeproduktion beantwortet wird. „Es stellt sich die Frage, ob diese Methode sinnvoll ist, da der Energieverbrauch dabei eher ansteigt und das kardiopulmonale System eher zusätzlich belastet wird”, hielt Wenisch fest.
Die Möglichkeiten der Fiebersenkung mit Hilfe einer antipyretischen Therapie ist ebenfalls umstritten. So zeigte eine Studie von Gozzoli et al an 10 Patienten mit Fieber, dass durch die Gabe von Metamizol die CO2-Produktion geringfügig gesenkt werden konnte. Alle anderen Parameter blieben allerdings unverändert.1 Wenisch kommt zum Schluss: „Es lässt sich also feststellen, dass nach jetziger Datenlage durch physikalische sowie durch medikamentöse fiebersenkende Maßnahmen eine nachhaltige Senkung des Energieumsatzes nicht oder nur unter Billigung ernster Nebenwirkungen gelingt, auch dann, wenn eine Reduktion der Körpertemperatur erreicht wird.”
Sabine Fisch

Kasten 1: Fieberwirkungen

Positive Effekte

Immunanwort

Neutrophile

Makrophagen

Lymphozyten

Hitzeschock Antwort

Wirkung auf NF?B

Bakteriostase

Eisen

Hemmung LPSAufbau


Negative Effekte

Lunge

Atemarbeit

Sauerstoffaufnahme, Extraktion, Transportkapazität

Herz

Dehydratation

Herzfrequenz

Negativ inotrop ab 41°C

Hirn

Metabolischer Bedarf

Ursache/Wirkung?


Quelle: Prim. Univ.-Doz. Dr. Christoph Wenisch, ABS Symposium, Schwerpunkt Fieber 25.01.08

1 Gozzoli et al. Randomized trial of the effect of antipyresis by metamizol, propacetamol or external cooling on metabolism, hemodynamics and inflammatory response. Intensiv Care Med 2004; 30:401-407